Haltlos

Cover Sonnenkönige Aidan

Marianne Jungmeier führt uns in die Welt des knapp dreißigjährigen Aidan. Er ist mit Hannah zusammen, lebt mit Sam in einer WG in Berlin, in der deren Partnerin Cherry mit ihren Bondage-Seilen für Fesselungsspiele übt. Partys, Drogen, Horror-Monster-Filme und Sex prägen die Freizeit der vier. Für seine Teilnahme am Favilla-Festival in der Wüste Nevadas baut Aidan heimlich einen meterhohen Drachen aus Eschenholz. Der soll als Kunstbeitrag am Ende des Festivals verbrannt werden.

Tagsüber arbeiten die vier als Journalisten und Wissenschaftler. Allerdings sind diese Stellen meist nicht fix, ebenso wie ihre offenen Liebesbeziehungen. Da es wenig Anker in der Herkunftsfamilie gibt, übernehmen Freunde die Funktion der Familie. Vor allem Sam ist für Aidan Schwester- und Mutterersatz.

Wer sich einlässt, auf Aidans Welt, findet ein umsichtiges, urteilsfreies Portrait einer Generation von gut ausgebildeten, urbanen Zwanzig- bis Dreißigjährigen, die sich nicht festlegen will, aber auch nicht so recht glücklich wird damit. Sie sind bei weitem nicht so souverän und cool, wie sie sich geben. Auch Aidan und Hannah führen eine offene Beziehung, mit der sie aber nicht wirklich umgehen können. „Es war aber auch ein Berliner Problem. Jeder hier war polyamourös, aber kaum jemand meinte es so. Die meisten wollten sich einfach nicht festlegen“, stellt Ich-Erzähler Aidan dann auch fest.

Im knappen Stil mit seinen kurzen Absätzen findet Jungmaier den passenden Ton für Aidans Welt. Besonders eindrücklich sind die Schilderungen des Favilla-Festivals, das Aidan in ein freies, friedliches und phantasievolles Universum eintauchen lässt. Es ist wohl an das tatsächlich seit 1986 in Nevada stattfindende Festival Burning Man angelehnt, zu dessen Abschluss eine meterhohe Skulptur verbrannt wird.

Verlagsinfo zum Buch

Dieses Buchrezension ist im oö. Kulturbericht 6/2018 erschienen.

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